Interview zur aktuellen Lage in Kitas in Rheinland-Pfalz

Zur aktuellen Lage unter den Corona-Gesetzen in Kitas in Rheinland-Pfalz hat die Rote Spitze, Kleinzeitung von SDAJ Trier und DKP Trier, ein Interview mit einer Erzieherin führen können.

Wir haben bereits in der Januar-Ausgabe der Roten Spitze (RS) mit Martin, Erzieher aus der

Nähe von Trier, über die Lage in Kitas in Rheinland-Pfalz gesprochen. Seit diesem Interview hat sich nochmals einiges in den Kitas geändert. Mit der neuen Corona-Verordnung des Landes ändern sich auch die Quarantäne-Regeln. Silke, eine Erzieherin aus dem Raum Bitburg hat sich bereit erklärt, uns die aktuelle Lage zu schildern.

RS: Was genau ist der Inhalt dieser neuen Regelung? /Verordnung?

Silke: In der vorangegangenen Verordnung wurde im Falle einer Corona-Infektion in der Gruppe alle Kinder zuerst in Absonderung geschickt. Frühestens am nächsten Tag konnten die Kinder einen PCR-Test z.B. bei einer Teststelle machen lassen. Erst wenn dieser negativ war, durften die Kinder zurück in die Kita. Die neuen Regelungen sehen vor, dass, wenn ein Kind in der Gruppe oder Kohorte (z.B. ein Bereich, der sich wegen Corona nicht mit anderen Gruppen/Bereichen mischt, Anm. d. Red.) an Corona erkrankt, sich die anderen Kinder bereits am nächsten Tag mit einem normalen Schnelltest an der Teststelle freitesten können. Dies gilt auch für die Erzierher*innen aus der Gruppe.

RS: Welche Auswirkungen hat die aktuelle Situation für die Kinder der Einrichtungen und Familien?

Silke: Für die Kinder der Einrichtung und auch für deren Familien ist es zunächst einmal eine Erleichterung, die jedoch meiner Auffassung nach gefährlich ist. Ja, die Betreuung der Kinder wird am nächsten Tag fortgesetzt, damit die Eltern ihrer Arbeit nachgehen können. Klingt erst einmal gut. Fakt ist aber auch, dass sich so Infektionsketten innerhalb der Kita nicht mehr steuern lassen können. Besonders bei der Omikron-Variante haben viele Kinder nur milde Symptome. Auch ist die Viruslast geringer in den ersten Tagen. Heißt, ein Kind kann sich bereits mit Corona infiziert haben hat, ohne dass ein Schnelltest positiv anzeigt. Wir haben inzwischen viele Kinder, die erst nach vier oder fünf Tagen nach dem Auftreten von Fieber und anderen Symptomen positiv getestet wurden. Die waren dann zwischenzeitlich wieder im Kindergarten, da sie ja vorher symptomfrei waren. 

RS: Was bedeutet das für Dich und Deine Kolleg*innen in der Kita?

Silke: Es bedeutet, dass die Gefahr für mich und meine Kolleg*innen, sich mit Corona zu infizieren, immer weiter steigt. Auch hier gibt es inzwischen Änderungen der Verordnungen. Der größte Teil meiner Kolleg*innen ist bereits geboostert. Wer geboostert ist, muss sich nicht mehr in Absonderung begeben, wenn sein Test positiv war und keine Symptome vorliegen. Er oder Sie können also am nächsten Tag wieder arbeiten. Da über Jahre hinweg die personelle Struktur in den Einrichtungen immer weiter runtergefahren wurde, blieb wohl nichts anderes übrig, um die Betreuung der Kinder weiter am Laufen zu halten bei steigenden Infektionszahlen. 

RS: Wie schätzt Du die pandemische Lage dbzgl. ein?

Silke: Die Lage ist besorgniserregend. Bis Ende Februar sind die Zahlen der Infektionen in den Kitas massiv angestiegen. Es sind inzwischen bei fast 3.000 infizierten Kolleg*innen und fast 2.000 infizierten Kindern in Rheinland-Pfalz (Stand Ende Febraur 2022). Die weiteren Lockerungen in vielen Bereichen Mitte März werden die Situation nochmals verschärfen. Ich hoffe, dass bis Mai die Infektionszahlen wieder sinken. Insgesamt scheint es inzwischen so, als ob Öffnung das Einzige wäre, was die Politik noch interessiert. Bei den jetzigen Fallzahlen wären wir noch vor einem Jahr in einen Lockdown gegangen. Die Impfstoffe haben zwar dafür gesorgt, dass die Zahl derer, die Intensivmedizinisch betreut werden müssen, sinkt. Aber trotzdem ist die Belastung in Kitas und Krankenhäusern für die Kolleg*innen immer noch sehr hoch. Überall fehlt es an Personal, weil viele Erzieher*innen erkranken und dann, trotz Impfung, ein bis zwei Wochen außer Gefecht sind. 

RS: Wie ist die Stimmung unter den Kolleg*innen?

Silke: Bescheiden. Die Corona-Pandemie hat uns insgesamt schwer getroffen. Wir versuchen, trotz aller Widrigkeiten, den Betrieb in der Kita aufrecht zur erhalten. Inzwischen hat das aber nichts mehr mit frühkindlicher Bildung zu tun. Und vielen Kolleg*innen merkt man inzwischen an, dass sie keinen Bock mehr haben. Die Eltern reagieren auch immer gereizter, wenn wir Kinder nach Hause schicken müssen, weil sie Fieber haben usw. Das belastet zusätzlich. 

RS: Was können Eltern, Kolleg*innen und solidarische Menschen im Umfeld tun, um die Lage zu verbessern?

Silke: Inzwischen können die Kinder in unserer Kita regelmäßig getestet werden. Ich appelliere an die Eltern, diese Testungen auch zu nutzen. Wenn ein Kind Erkältungssymptome hat, bitte lasst es zu Hause. Und ganz wichtig: Unterstützt mich und meine Koleg*innen bei den Streiks. Die Kinder verdienen eine gute pädagogische Betreuung in der Kita. Dazu braucht es auch mehr Personal.